Direkt zu:

12.06.2020

Der große Vermittler - Karl Schober im Alter von 63 Jahren gestorben

Oberbürgermeisterin Dr. Claudia Alfons und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung trauern um Karl Schober. Der Ehrenbürger der Stadt starb am 4. Juni im Alter von nur 63 Jahren. Eine Würdigung.

Der „Karle“ hatte den Überblick. Von droben aus Oberreitnau. Er hat den Aussichtspunkt Hangnach einmal als seinen Lieblingsort beschrieben. Von dort schweift der Blick hinunter über das Dorf auf die darunterliegende Stadt mit dem See.

Es ist ein an sich unspektakulärer Ort, der seinen Reiz aus einem nahezu paradiesischen Blick bezieht. Ein Ort, an dem sich fast automatisch der Wunsch einstellt, für dieses Idyll das Beste zu wollen und ihn für zukünftige Generationen zu bewahren.

Denn der warmherzige Familienmensch sah es immer als seine Aufgabe, das Wohl der nächsten Generationen im Blick zu haben: in der Stadt, im Dorf und vor allem in der Familie für die Enkel Mina und Emil. Es passt zu Karl Schober, dass sich beim Gedanken an ihn nicht die zahlreichen und wohlverdienten Ehrungen aufdrängen, die er erhalten hat. Natürlich war er Stadt- und Kreisrat, Bürgermeister, Vereinsvorsitzender und letztendlich sogar Ehrenbürger, aber für die meisten war er der „Schober-Karle“.

Diese Umkehr von Vor- und Nachnamen wird nicht jedem zuteil. Sie zeigt: Da ist einer, der gehört hierher, den kennt man und er ist einer von uns. Der selbstständige Fliesenlegermeister war ein Leben lang ein Gleicher unter Gleichen und dennoch eine herausragende Persönlichkeit.

Verantwortung hatte Schober schon immer übernehmen müssen. Er war der Älteste von sechs Brüdern, der Vater starb früh. Da hieß es anpacken. Das ist ihm sein ganzes, zu kurzes Leben geblieben: anpacken, Verantwortung übernehmen und nicht darauf hoffen, dass ein anderer es richten wird.

Es gibt Menschen, die macht eine solche Erfahrung hart - sich selbst und anderen gegenüber. Schober machte sie demütig gegenüber dem Schicksal und gleichzeitig willensstark. Wenn sein Herz an einem Ziel hing, dann verfolgte er es mit großer Hartnäckigkeit. Dabei wirkte er aber nicht verbissen, sondern mitreißend und begeisterte so andere Menschen für seine Ideen.

Auch in der härtesten Debatte blieb er offen für die Argumente der Gegenseite. „Ich gehe davon aus, dass alle das Beste wollen. Deshalb ist es wichtig, auch das Gegenüber zu verstehen“, sagte er einmal.

Obwohl CSU-Ortsvereinsvorsitzender, war er kein Parteisoldat. Er schaffte es, konstruktive Mehrheiten zu schmieden, quer durch die zahlreichen Gruppierungen des Lindauer Stadtrats. Im Schulterschluss mit dem SPD-OB Gerhard Ecker löste Schober den jahrzehntelangen Investitionsstau und trug maßgeblich dazu bei, dass beispielsweise die Therme in Lindau realisiert werden kann. Alexander Kiss, Ex-Stadtrat der Bunten Liste und bekannt, manchmal auch gefürchtet, für seine pointierten Aussagen adelte Schober gar als „unseren Lieblingsschwarzen“.

Politische Macht interessierte Karl Schober nicht, Einfluss sehr wohl. Denn er wollte gestalten, verbessern – zum Wohle aller, aber auch des Einzelnen. Deshalb hörte er stets genau hin, wenn Menschen mit ihren Ideen oder Sorgen zu ihm kamen. Schober vermittelte und half, er konnte durchaus mal poltern, aber er war nicht nachtragend.

2013 erfüllte er sich einen Traum und tat, was ihm niemand zugetraut hatte: Er machte sich mit seiner Frau Claudia davon - auf Weltreise. Auch auf dem Gipfel des Kilimandscharo stand er.

Doch der schönste Blick war ihm jener auf Oberreitnau. In Franz von Kobels Volksstück „Der Brandner Kasper schaut ins Paradies“, stellt der Kasper fest, dass es im Paradies genauso ausschaut, wie in seinem geliebten Dorf - nur größer und schöner.

Schöner als vom Hangnach kann ein Blick vielleicht nicht sein - braucht es auch nicht. Aber er gibt eine Ahnung vom Paradies. Der „Karle“ behält halt jetzt von weiter oben den Überblick. Wir alle vermissen ihn.